Hypnose bei Zahnarztangst: Wirksame Hilfe für Kinder und Erwachsene
Viel Spannung im „Afrikaraum“!
Barbara Beckers-Lingener weiß, wie Kinder „ticken“. Und erst recht, wie es in traumatisierten Kinderseelen aussieht. Die Zahnärztin kann über 7-Jährige berichten, die durch Eingriffe beim Zahnarzt so aufgewühlt sind, dass sie dauerhaft als Angstpatienten bezeichnet werden müssen. Verwundern kann das kaum, denn die Traumata haben ihren Ursprung fast immer in den frühen Jahren eines Menschen.
Als die kleine Clara zu ihr kommt, sieht die Ärztin sofort, dass sie hier besonders vorsichtig sein muss. Große, ängstliche Augen starren sie an, als das knapp achtjährige Mädchen die Praxis betritt, oder besser: beschleicht. Von der Mutter erfährt die Zahnärztin, dass Clara vor einem Jahr eine sehr schmerzhafte Behandlung hatte. Seitdem ist das Mädchen wie ausgewechselt, wenn es zum Zahnarzt geht, bricht zu Hause das Chaos aus. Claras Mutter weiß nicht mehr, was sie machen soll.
Zunächst verwendet Barbara Beckers-Lingener eine Sprache, die dem Kind den Schrecken nehmen soll. Sie spricht nicht vom „Bohrer“, sondern erklärt Clara, dass sich ihre Zähne jetzt „schlafen legen“. Auch führt sie das Mädchen nicht ins „Behandlungszimmer“, sondern ins „Afrikazimmer“. Der Name ist Programm, Tierbilder schmücken den Raum lockern so nicht nur auf, sondern lenken auch ab. Clara geht es nach wenigen Minuten schon besser, die Mutter kann es kaum fassen.
Die eigentliche Hypnose bekommt Clara gar nicht mit. Sie ist viel zu sehr mit den Bildern beschäftigt, die ihr die Zahnärztin im Gespräch anbietet. Innerhalb kurzer Zeit befindet sich Clara auf Entdeckungstour quer durch Afrika, beschreibt Löwen, Steppe und Sonnenschein. Sie ist nun in Trance, und die Behandlung wird zur Nebensache. Die Hypnose ist das Beste, was Clara passieren konnte. Aber auch Erwachsene, die sich nicht ohne Weiteres „an der Nase herumführen lassen“, sprechen auf Hypnose an.
„Wo ist denn hier der Ausgang?“
Bei Erwachsenen funktioniert Hypnose ebenfalls, allerdings muss man sie in einen tieferen Zustand der Trance versetzen. Schon, weil erwachsene Menschen naturgemäß weniger Fantasie als Kinder haben und die Ängste sich über Jahrzehnte aufbauen, reicht ein „Afrikaraum“ nicht aus, um die Behandlung angstfrei durchführen zu können.
Clara hatte die Augen geöffnet, als sie unter Hypnose behandelt wurde. Bei Erwachsenen ist das nur selten der Fall, denn sie werden in einen Tiefschlaf versetzt. Das Prinzip ist trotzdem gleich, auch Erwachsene bekommen die Möglichkeit, unter Hypnose Bilder in ihrem Kopf entstehen zu lassen, die sich positiv auf den Zahnarztbesuch auswirken. Barbara Beckers-Lingener sieht sich selbst bei der Behandlung mit Angstpatienten weniger als Zahnärztin, sondern vielmehr als „Reiseleiterin“, die ihren Patienten das „gefühlte Verlassen“ der Praxis ermöglichst. Durch die „Seitentür“ und ohne dass sie sich vom Behandlungsstuhl erheben müssen.
Sandra H. ist schon länger in Behandlung unter Hypnose. Ihre Dentalphobie ist für sie inzwischen Geschichte, auch wenn sie sich das zu Beginn niemals hätte vorstellen können. Zu groß war ihre Zahnarztangst, als dass sie noch daran geglaubt hätte, damit jemals ohne Vollnarkose fertig zu werden. Doch wenn sie heute zum Zahnarzt geht, macht sie sich kurzer Zeit später auf den Weg, um einen langen Spaziergang mit ihrem Hund zu machen. In Trance ist sie mal im tiefsten Winter unterwegs und genießt den strahlenden Sonnenschein bei klirrender Kälte. Und mal schlendert sie einen weißen Strand entlang, die Sonne scheint und das Rauschen des Meeres trägt zur zusätzlichen Beruhigung bei. Die Tatsache, dass diese Spaziergänge nur im Kopf von Sandra H. stattfinden, stört sie nicht, im Gegenteil. „Erlaubt ist, was funktioniert“, sagt sie und bringt es damit hervorragend auf den Punkt.
Erfahrungsberichte
Ein Mann erzählt, dass ihm im Jugendalter von seinem Zahnarzt verdächtig viele Zähne gezogen wurden. Andere Behandlungsoptionen schienen für den Zahnmediziner keine Option zu sein. Der Betroffene leidet noch heute unter starker Zahnarztangst.
Alexander könnte als klassischer Fall bezeichnet werden. Durch seine Zahnarztangst war er schon jahrelang nicht mehr in einer Praxis. Als er sich dann durchgerungen hat, hatte er das Glück, zu einem Zahnarzt zu kommen, der empathisch auf seine Ängste eingegangen ist und die Behandlung nicht überstürzt hat.
Jana hat bei ihrem Zahnarztbesuch gleich zwei wichtige Erfahrungen gemacht. Zum einen hat sie festgestellt, dass Lachgas seinen Namen nicht der Eigenschaft des Lachens zu verdanken hat. Die beruhigende Wirkung hat sich aber positiv auf die Behandlung ausgewirkt. Und zum anderen ist Jana der festen Überzeugung, dass selbst die besten Methoden wirkungslos sind, wenn der Zahnarzt unsensibel ist.
Bei Max war es sein 50. Geburtstag, der ihn die Entscheidung treffen ließ, nun allen Mut zusammen zu nehmen und einen Zahnarzt aufzusuchen. Belohnt wurde sein Mut nicht, zumindest zunächst nicht. Max musste die Erfahrung machen, dass nicht jede Praxis, die vorgibt, auf Dentalphobie spezialisiert zu sein, das auch wirklich ist. Letztlich fand er aber die Praxis, die mit ihm vorsichtig genug umgehen konnte.
Wenn es ein Vorzeigebeispiel für ein Kindheitstrauma gibt, dann ist Petra sicher die beste Wahl. Sie kannte bis zu ihrem 10. Lebensjahr überhaupt keine Angst vorm Zahnarzt und wurde dann von einem Zahnmediziner so plump behandelt, dass sie von diesem Zeitpunkt an nicht mehr ohne Panik eine Praxis aufsuchen konnte. Sie musste bis zum 40. Lebensjahr warten, bevor sie einen Zahnarzt fand, der einfühlsam mit ihr umging.
Daniel hat erkannt, dass seine Zahnarztangst erheblichen negativen Einfluss auf sein Leben nimmt. Bei ihm war es weniger die Angst als vielmehr die Scham, die ihm das Leben schwergemacht hat. Er traute sich kaum noch unter Leute, weil ihm seine Zähne peinlich waren. Nachdem er sich aufgerafft hatte, zu einem feinfühligen Zahnarzt zu gehen, hat er ein völlig neues Lebensgefühl.
Bei Andrea liegt ein Teil des Problems in der Kommunikation. Oder besser: in der fehlenden Kommunikation. Sie hatte als junges Mädchen einen Zahnarztbesuch, der eine umfangreiche Behandlung zur Folge hatte. Doch reden wollte darüber niemand mit ihr.
Nachrichten
Wer Patienten mit Dentalphobie verstehen will, muss sich zunächst von zahlreichen eigenen Einschätzungen und Einstellungen verabschieden. Denn die Wahrnehmung von Menschen mit Zahnarztangst ist eine andere. Wer das weiß, ist einen großen Schritt weiter – und wird die Spritze mit neuen Augen betrachten.
Der Zahnarztbesuch ist immer wieder so ein Thema. Während die eine Personengruppe sich auf den Behandlungsstuhl setzt, als würde sie in einem Kinosessel Platz nehmen, bekommt die andere schon Panik, wenn sie auch nur an den Geruch einer Praxis denkt. Eine russische Künstlerin möchte auf das Thema Zahnhygiene aufmerksam machen und hat dazu sehr eigenwillige Skulpturen entworfen.
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