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Verhaltenstherapie bei Zahnarztangst: Sanfte Rettung vor der Dentalphobie?

In unserem Artikel über den Vergleich von Verhaltenstherapie und die Rolle der Gene haben wir die Möglichkeiten, gegen Zahnarztangst vorzugehen, bereits ein wenig beleuchtet. Hier soll es um ein Fünf-Sitzungs-Programm in Verbindung mit einer Verhaltenstherapie gehen. 
 

Die Kognitive Verhaltenstherapie gegen Zahnarztangst

In der Fachwelt haben sich bereits zahlreiche Experten auf unterschiedliche Weise der Dentalphobie genähert. Weitgehend einig sind sich die meisten darüber, dass die Kognitive Verhaltenstherapie erstaunliche Erfolge vorweisen kann. Eine auffallend hohe Quote reduzierter Angst erzielten Kandidaten, die sogar nach vier Jahren und weiteren regelmäßigen Behandlungen beim Zahnarzt noch immer auf den Effekt der Kognitiven Verhaltenstherapie zurückgreifen konnten.

Untersuchungen ergaben zwar auch, dass die Hypnose ein sinnvolles Mittel gegen Dentalphobie sein kann. Diese bringt aber den Nachteil mit sich, dass die Akzeptanz im Allgemeinen nicht so hoch ist. Das mag daran liegen, dass Menschen Hypnose für „Hokuspokus“ halten. Im Falle von Menschen mit einer Behandlungsphobie kommt aber aus unserer Sicht erschwerend ein simpler Fakt dazu: Unglaube.

Das ist nicht zu unterschätzen. Es gab nachweislich Fälle von Patienten mit Dentalphobie, die partout nicht daran glauben wollten, dass die Vollnarkose bei ihnen wirke. Selbst als sie schon auf dem „Weg ins Reich der Träume“ und nur noch Sekunden davon entfernt waren, waren sie sich sicher, dass gleich die Qual der Schmerzen beginnen würde.

Für Menschen, die so eine massive Angst in sich tragen, ist es kaum verwunderlich, dass sie der Hypnose nicht viel zutrauen.

Befassen wir uns aber jetzt mit der Fünf-Sitzungen-Therapie.

Fünf Sitzungen als Mittel gegen die Dentalphobie?

Hintergrund des Fünf-Sitzungen-Programms ist das sanfte Heranführen des Angstpatienten an die Zahnarztbehandlung. Das ergibt durchaus Sinn, denn ein großer Teil der Zahnarztangst ist tatsächlich psychologischer Natur. Das heißt nicht, dass damit die Angst verharmlost werden soll. Im Gegenteil, psychische Ursachen und Wirkungen sind ebenso spürbar wie körperliche Symptome (zudem geht bei Menschen mit Dentalphobie häufig ohnehin beides miteinander einher).

Man kann das am „Klassiker“, dem Bohrer, gut illustrieren. Denn es reicht in aller Regel das Geräusch des Bohrers, um den Patienten in Panik zu versetzen. Mehr noch: Selbst der bloße Gedanke an den Bohrer kann zu erheblichen Angstschüben beim Patienten führen.

Die erste Sitzung

In der ersten Sitzung geht es nur um die Begrüßung und die Vorstellung des Therapeuten. Im Zuge dessen wird der aktuelle Stand der Behandlung geklärt, soweit das möglich ist. Neben der Ansicht von Röntgenaufnahmen und der Erstellung eines Behandlungsplans steht die positive Bestärkung des Patienten im Vordergrund. Denn er hat einen ersten und überaus wichtigen Schritt gemacht, indem er sich mit seiner Angst auseinandergesetzt hat.

Das Besondere an dieser ersten Sitzung ist das wirklich sehr umfassende Gespräch mit dem Patienten. Der Therapeut spricht mit ihm über die Dentalphobie, aber auch über mögliche andere Ursachen seiner Angst, also etwa Angst vor Blut, Spritzen- oder Verletzungsangst. Er geht also intensiv auf den Patienten ein, und am Ende wird das sogenannte Drei-Ebenen-Modell besprochen. Dabei geht es um Entspannung, Atmung und positive Gedanken. Das mag für Menschen mit Zahnarztangst wenig erfolgreich wirken, doch es macht das Gesamtpaket des Gespräches aus, das seine Wirksamkeit bestätigt.

Am Ende der ersten Sitzung erhält der Patient eine CD, um das Drei-Ebenen-Modell selbst durchführen zu können (dazu weiter unten mehr).

Die zweite Sitzung

In der zweiten Sitzung geht der Therapeut mit dem Patienten die Übungen durch, die in der ersten Sitzung vorgestellt wurden. Oft können Patienten schon von ersten Erfolgen berichten, sie beschreiben, dass diese oder jene Übung geholfen hat, ein wenig entspannter mit der Thematik der Zahnbehandlung umzugehen.

Das muss aber nicht der Fall sein, und daher ist es wichtig, dies in diesem Falle nicht als Misserfolg zu werten, sondern als Hinweis, dass noch weiterer Trainingsbedarf besteht. Neben der CD, die der Patient erhalten hat, um das Drei-Ebenen-Modell zu trainieren, werden in der zweiten Sitzung der Sinn und die Übungen nochmals konkretisiert.

Drei Schritte-Modell der angewandten Entspannung

Übungsdauer pro Schritt: ca. 30 Minuten täglich, eine Woche lang

Signalgekoppelte Entspannung

  • Auswählen eines persönlichen, entspannenden und angenehmen Wortes bzw. Vorstellungsbildes (z.B. Lieblingssort, Tasse Tee oder Kaffee)
  • Verknüpfung des Wortes bzw. Bildes mit dem Entspannungsvorgang (der intensive Gedanke daran, während gleichzeitig das „Lockerlassen“ eines Muskels trainiert wird)
  • Das Wort bzw. Bild wird zum Zeichen für die Entspannungsreaktion

Individualisierte Entspannung

  • Ziel: Die Verbesserung der Effizienz und die Verkürzung der Dauer
  • Selbstgeleitete Entspannung (hier: ohne CD) 3x täglich, Dauer: max. 10 Minuten
  • Zusammenfassung von Muskelgruppen und Muskeln, die zusammen angespannt und entspannt werden (z.B. Oberarme, Hände, Unterarme)
  • Ausschließliche Entspannung von individuell ausgewählten Muskelgruppen, die entscheidend für die Entspannungsreaktion sind

Entspannung in allen Lagen

  • Ziel: Die kontextunabhängige Entspannung
  • Durchführung der individualisierten Entspannung in verschiedenen Situationen des Alltags (besonders bei unangenehmen Gefühlen)
  • Konzentration auf die körperlichen Komponenten der unangenehmen Emotionen und die Bewältigung durch Kurzentspannung

Weiterhin Teil der zweiten Sitzung ist die Vertiefung der Ermittlung der emotionalen Probleme des Patienten. Hier muss der Patient aktiv werden, denn er sollte sagen können, welche Aspekte der Zahnbehandlung ihn besonders treffen, und zwar mit positivem Ansatz. Können also zum Beispiel ein sympathischer Zahnarzt und eine helle und freundliche Einrichtung der Praxis sich positiv auf die Emotionen des Patienten auswirken? Wirkt es sich beruhigend aus, wenn das Vorgespräch mit dem Zahnarzt umfangreich ist, der Patient zwischendurch Pausen bekommen und/oder eine vertraute Begleitperson dabei ist?

Die dritte Sitzung

In der dritten Sitzung kann sich der Patient gewissermaßen erst einmal eine Viertelstunde „zurücklehnen“. Denn gleich zu Beginn wird ihm ein 15-minütiger Film vorgeführt, der eine Zahnbehandlung zeigt. Aber eben nicht seine eigene.

Stattdessen sieht er einen anderen Menschen, der den gesamten Weg aufzeigt, also das Erscheinen an der Rezeption, das Einlesen der Gesundheitskarte, das Warten im Wartebereich, der Weg in den Behandlungsraum, das erneute Warten und die eigentliche Behandlung.

Im Anschluss an den Film spricht der Patient mit dem Therapeuten über seine Emotionen. Er soll schildern, was ihm zu welchem Zeitpunkt am meisten Angst gemacht hat. Diese Methode hat sich als äußerst erfolgreich erwiesen, strengt den Patienten aber auch sehr an. Der Therapeut muss das wissen, berücksichtigen und den Patienten für diese Leistung wertschätzend ansprechen.

Im nächsten Schritt kommen Atem- und Entspannungsübungen zum Tragen. Sobald diese abgeschlossen sind, bespricht der Therapeut mit dem Patienten das Hören eines typischen Zahnarztgeräusches. Erneut soll der Patient versuchen, trotz dieses Geräusches weiter entspannt zu bleiben. Das ist eine Herausforderung, aber auch ein großer Schritt in die richtige Richtung!

Die vierte und fünfte Sitzung

In der vierten und der fünften Sitzung schildert der Therapeut sehr detailliert die Zahnbehandlung. Der Patient sitzt derweil auf einem bequemen Entspannungsstuhl und soll sich die Schilderungen so genau wie möglich vorstellen.

Diese vierte Sitzung ist für den Patienten eine absolute Höchstleistung, er wird danach sehr erschöpft sein, sich aber in aller Regel deutlich besser fühlen. Dann folgt die fünfte Sitzung.

Auch in dieser schildert der Therapeut eine Zahnbehandlung, diesmal aber soll der Patient selbst entscheiden, mit welchen Entspannungsreaktionen er dieser Situation begegnet. Nach der fünften Sitzung wird dem Patienten empfohlen, so schnell wie möglich mit der eigentlichen Zahnbehandlung zu beginnen, um die erarbeiteten Erfolge nicht in den Hintergrund rücken zu lassen.

Ein Wundermittel gegen Dentalphobie?

Nun, mit derlei Superlativen sollte man immer vorsichtig sein, wenn es um Phobien geht. Aber Untersuchungen längerfristiger Art haben gezeigt, dass die Erfolgsquote bei vielen Patienten ausgesprochen hoch ist. Eine Langzeitstudie hat sogar ermittelt, dass 70 Prozent der Befragten, die diese Form der Therapie gemacht haben, auch nach vier Jahren immer noch regelmäßig zur Zahnbehandlung gehen.

Dennoch: Nichts funktioniert bei allen Menschen. Es ist daher nicht mit abschließender Sicherheit zu sagen, ob die Fünf-Sitzungen-Therapie auch für Sie die richtige Entscheidung ist.

Auf der anderen Seite kommt es auf einen Versuch an. Wenn Sie den Mut haben, diese Zeit zu investieren, werden Sie womöglich Erfahrungen machen, die Ihnen in Ihrem bisherigen Leben vollkommen fremd waren. Und wenn die Methode bei Ihnen nicht greift, können Sie sich in jedem Fall stolz auf die Fahne schreiben, dass Sie es versucht haben.

Auch das ist ein Erfolg auf einem langen, beschwerlichen und anstrengenden Weg. Ein Erfolg, den Ihnen niemand nehmen kann.

Erfahrungsberichte

Nachrichten

Praxisalltag: Die Krux mit der Spritze

Wer Patienten mit Dentalphobie verstehen will, muss sich zunächst von zahlreichen eigenen Einschätzungen und Einstellungen verabschieden. Denn die Wahrnehmung von Menschen mit Zahnarztangst ist eine andere. Wer das weiß, ist einen großen Schritt weiter – und wird die Spritze mit neuen Augen betrachten.

Zahnhygiene und Kunst: Passt das zusammen?

Der Zahnarztbesuch ist immer wieder so ein Thema. Während die eine Personengruppe sich auf den Behandlungsstuhl setzt, als würde sie in einem Kinosessel Platz nehmen, bekommt die andere schon Panik, wenn sie auch nur an den Geruch einer Praxis denkt. Eine russische Künstlerin möchte auf das Thema Zahnhygiene aufmerksam machen und hat dazu sehr eigenwillige Skulpturen entworfen.

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